Verlängerung oder Neuverpachtung nach Ableben eines Mitpächters?

Während eines bestehenden Jagdpachtvertrages war ein Mitpächter eines Gemeinschaftsjagdreviers im Landkreis Erlangen verstorben. Es trat gesetzliche Erbfolge ein, wonach die Mutter des Verstorbenen und seine Schwester Miterben wurden. Nachdem die Miterbinnen selbst nicht jagdpachtfähig waren, benannten sie einen verantwortlichen Jäger. Der Jagdpachtvertrag bestand bis zu seinem Ablauf am 31.03.2010 fort.

Der überlebende Mitpächter bemühte sich um eine "Vertragsverlängerung" und wollte vor allem vermeiden, dass bisherige Begehungsberechtigte oder Dritte als Wettbewerber bei der Neuvergabe auftreten. Dies wäre aber im Interesse der Miterbinnen gewesen.

Der Jagdvorsteher beraumte im November 2008 eine Jagdversammlung an und setzte auf die Tagesordnung:

"2. Erklärung über den Jagdpachtvertrag und dessen Verlängerung durch den Jagdpächter
3. Abstimmung über den Antrag auf Verlängerung des Jagdpachtvertrags vom 10.04.1991 mit Herrn ……………"

(überlebender Jagdpächter)

Nachdem die Miterbinnen des verstorbenen Jagdpächters eine Neuvergabe wünschten - sie selbst sind auch Jagdgenossinnen - und sie der Auffassung waren, dass die Vergabe der Jagd zum 01.04.2010 nicht den jagdlichen Vorschriften entspreche, kam die Sache vor Gericht. Über die Feststellungsklage der Miterbinnen, dass die zwischen dem überlebenden Jagdpächter und der mit der Jagdgenossenschaft geschlossene Vereinbarung unwirksam ist, entschied letztendlich das Landgericht Nürnberg - Fürth (AZ: 14 O 1593/09), indem es die Klage abwies und sich auf den Standpunkt stellte, dass durchaus eine Verlängerung des Jagdpachtvertrages (JVP) mit dem überlebenden Jagdpächter möglich gewesen sei. Das Landgericht bejahte zwar ein Feststellungsinteresse der Miterbinnen, wies jedoch darauf hin, dass mit der angestrebten Verlängerung des JPV durch den überlebenden Mitpächter auch "unwesentliche Abänderungen des bisherigen Jagdpachtvertrags" einhergehen können. Insbesondere bedürfe eine solche Verlängerung nicht der Zustimmung der ausscheidenden, nicht jagdberechtigten Miterbinnen in ihrer Funktion als bisherige Mitpächter. Das maßgebliche Verfahren bei der Beschlussfassung der Jagdgenossenschaft über die Vertragsverlängerung sei eingehalten worden.

Die wesentliche Argumentation des Landgerichts Nürnberg - Fürth bestand in folgendem:

Die gesetzliche Regelung sowohl im Bundesjagdgesetz (BJG) wie im Bayerischen Jagdgesetz (BayJG) gehe dahin, dass im Falle der Aufnahme eines weiteren Jagdpächters in einem bestehenden Jagdpachtvertrag die vorgeschriebene Mindestpachtzeit unterschritten werden dürfe (Art. 14 Abs. II Satz 2 BayJG). Diese Regelung sei nur erforderlich, wenn die Aufnahme eines weiteren Jagdpächters in einen bestehenden Jagdpachtvertrag einen neuen Jagdpachtvertrag bedeutet. Wäre dem nicht so, so wäre die nach dem BJG vorgeschriebene Mindestpachtzeit (von 9 Jahren) immer durch die Vertragsdauer seit Vertragsbeginn mit den übrigen Pächtern eingehalten. Der Rückschluss, dass der Fall eines Neuabschlusses auch für das Ausscheiden eines Pächters gelten müsse, könne hieraus nicht gezogen werden.

Diese Rechtsauffassung ist nicht verständlich und widerspricht maßgeblichen Kommentarstellen:

Sowohl Dr. Paul Leonhardt, wie auch der Kommentar von Nick / Frank gehen davon aus, dass es für die Frage, ob eine Verlängerung des Jagdpachtvertrages vorliegt, auf folgendes ankommt:

Im Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass mit einer Verlängerung kleine Änderungen des laufenden Jagdpachtvertrages einhergehen können. Bei einer wesentlichen Änderung des Vertragsinhalts liegt ein neuer Jagdpachtvertrag vor. Dr. Leonhardt zitiert als unwesentliche Änderungen z. B. "Die angemessene Erhöhung des Jagdpachtzinses", die Benennung von Baumarten, für die bei Wildschäden Ersatz zu leisten ist. Anders sei es schon, wenn anlässlich der Pachtverlängerung eine Übernahme oder erhebliche Erweiterung der Wildschadensersatzpflicht durch den Jagdpächter vereinbart wird oder wenn gar persönliche Veränderungen auf der Pächterseite vereinbart werden. In diesem Fall handelt es sich um den Abschluss eines neuen Jagdpachtvertrages oder eines Änderungsvertrages im Sinne von Art. 14 Abs. V BayJG.

Auch die Kommentierung bei Nick / Frank weist darauf hin, dass Abänderungen, die zu einer wesentlichen Umgestaltung führen, keine Verlängerung mehr erlauben, sondern einen neuen Pachtvertrag oder einen Änderungsvertrag darstellen.

Das Gericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass trotz dieser Kommentarstellen keine wesentliche Änderung vorliegen würde. Es hat sich hierbei auf den § 13 a) BJG berufen, wonach bei Beteiligung mehrerer Pächter an einem Jagdpachtvertrag der Vertrag bestehen bleibt, wenn er im Verhältnis zu einem Mitpächter gekündigt wird oder erlischt. Dieser Fall lag hier gerade nicht vor, das Jagdpachtverhältnis wurde weder gekündigt noch war es durch das Ableben eines Jagdpächters erloschen. Vielmehr bestand das Jagdpachtverhältnis zwischen dem überlebenden Jagdpächter und der Erbengemeinschaft bis zum 31.03.2010 fort. Das Landgericht Nürnberg - Fürth war auch der Meinung, dass eine Verlängerung zulässig sei und keine Neuverpachtung angezeigt sei, weil eine "Verlängerung mit den nicht jagdpachtfähigen Erbinnen" nach dem BJG unlässig wäre. Das "zwangsläufige Ende des Jagdpachtvertrags" mit den Miterbinnen und dem überlebenden Jagdpächter spreche dafür, eine Verlängerung mit nur einem von zwei ursprünglichen Jagdpächtern (nämlich mit dem überlebenden Jagdpächter) zuzulassen.

Das Urteil überzeugt deswegen nicht, weil der alte Jagdpachtvertrag mit Ablauf des Monat März 2010 beendet war und die Frage, ob künftig ein oder zwei Jagdpächter für weitere neun Jahre das jagdliche Geschehen bestimmen für die Jagdgenossen, also auch für die Miterbinnen, von zentraler Bedeutung ist. Wer in den künftigen neun Jahren das "alleinige" Sagen in einer Jagd als Jagdpächter hat, ist von so fundamentalem Interesse, dass über die Frage Beendigung des Jagdpachtvertrags, Art der Vergabe, Mehrheit von Pächtern, eine grundsätzliche Aufklärung der Jagdgenossen erfolgen musste. Insbesondere in der Ladung des Jagdvorstehers zur Jagdversammlung aufführt, die die tatsächlich zur Abstimmung stehenden Tagesordnungspunkte, soweit sie den wirklichen Lebenssachverhalt betreffen, hätten die diversen Abstimmungspunkte angegeben werden müssen (nicht nur die Vertragsverlängerung!).

Die Frage, ob die Änderung des Vertragsinhalts wesentlich oder nur unerheblich, und damit im Rahmen einer Verlängerung des Jagdpachtvertrags möglich ist, ist für die Jagdgenossen - unabhängig von der Einhaltung der Vorschriften über die Pachtdauer - von elementarer Bedeutung. Die Frage der Person des Jagdpächters, seines Alters, seiner jagdlichen Qualifikation, seiner finanziellen Leistungskraft, seines bisherigen Umgangs mit den Jagdgenossen, wie auch die künftige Prognose über die Erledigung der jagdlichen Aufgaben im Vergleich zu anderen Mitbewerbern, sind von so erheblicher Bedeutung für die Jagdgenossen, dass sie darüber entscheiden können müssen.

Die Vertretungsmacht des Jagdvorstehers nach § 11 Abs. II Satz 2 der Mustersatzung der Jagdgenossenschaften reicht auch nur so weit, dass diese auf die Durchführung der gesetzmäßig und ordnungsgemäß zu fassenden Beschlüsse der Versammlung der Jagdgenossen und des Jagdvorstandes beschränkt ist. Dies setzt voraus, dass die Jagdgenossenversammlung ordnungsgemäß, d. h. unter korrekter Angabe der einzelnen Tagesordnungspunkte, einberufen werden muss. Die Ankündigung in der Tagesordnung, dass lediglich eine Verlängerung des Jagdpachtvertrags anstehe, wo hingegen eine wesentliche Änderung des ablaufenden Jagdpachtvertrags oder der Abschluss eines neuen Jagdpachtvertrags beschlossen wird, führt zur Unwirksamkeit des Verpachtungsbeschlusses, wenn nicht sämtliche Jagdgenossen in der Versammlung anwesend oder vertreten sind (vgl. Dr. Paul Leonhardt a. a. O.).

Hier wurden substantielle Veränderungen beschlossen, ohne dass in der Ladung ein entsprechender Hinweis erfolgt wäre, weshalb diese Beschlüsse anfechtbar sind (so auch Dr. Paul Leonhardt zu § 11 Nr. 21 in seinem Jagdrechtskommentar).

Bei der Verpachtung von Gemeinschaftsjagdrevieren gelten die Bestimmungen der Satzung der Jagdgenossenschaft über die Einladung zur Jagdgenossenversammlung als zwingende Vorschrift. Deren Verletzung berechtigt die Jagdbehörde nach Art. 14 Abs. IV i. V. m. Art. 12 Abs. I Satz 4 BayJG und § 6 Ausführungsgesetz zum BayJG zur Beanstandung des Jagdpachtvertrages. Leider wurde im Klageverfahren dieser Mangel der nicht ordnungsgemäßen Ladung nicht geltend gemacht und auch nicht erörtert. Die mit der Sache befasste untere Jagdbehörde hat auf diese Mängel nicht hingewiesen.

Augsburg, den 03.05.2010
Thomas Kroder
Rechtsanwalt

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